"Stille Nacht, heilige Nacht..."






Ein Lied geht um die Welt

Für den jungen Hilfsprediger Joseph Mohr (1792-1848) war es eine echte Herausforderung. Der Vorabend des 24. Dezember 1818 musste es bringen. Noch kurze Zeit bis zur Christmette. In der Pfarrkirche St. Nicolai in Oberndorf bei Salzburg war die Orgel defekt. Für den Lehrer und Organisten Franz Gruber (1787-1863) ein Alptraum. Weihnachten ohne Lieder? Undenkbar!

Also musste schnell ein neues Lied her, das mit der Gitarre zu begleiten war. Der Schulmeister wollte die Melodie schon schreiben, wenn er nur einen Text hätte. Dazu war höchstens der Pfarrer in der Lage. Und der quälte sich nun den lieben langen Tag. Er legte Holz ins Feuer, kochte sich ein Tässchen Tee, schnitt sich einen Federkiel zurecht und stellte sich vor sein Schreibpult. Doch auch diesmal blieb das Papier leer. Was er endlich schrieb, wurde genauso schnell verworfen. Der Fussboden war bald bedeckt mit den Papierkugeln seiner Geistesblitze. Auf Kommando liess sich eben kein Lied machen.

Es wurde Abend. Nur eine Kerze erleuchtete das Studierzimmer des Priesters. Durch die vereisten Fenster waren die Schatten des tiefverschneiten Dorfes zu sehen; die erleuchteten Fenster strahlten Ruhe aus. Längst waren die Leute in ihren Häusern. Adventliche Stille lag über dem Salzburger Land. Stille Nacht ...

Plötzlich vereinigte sich für Joseph Mohr, den jungen Pfarrer, die erlebte Stimmung mit dem Geschehen in Bethlehem. So muss es damals auch gewesen sein in den judäischen Bergen. Kalte, stille Nacht. Einsamkeit im Stall am Rande der Stadt. Hirten werden aus ihrer Nachtruhe gerissen: "Christ, der Retter ist da!" Der holde Liebreiz des Neugeborenen weist bereits nach Golgatha, "da uns schlägt die rettende Stund". Krippe und Kreuz, Geburt und Tod gehören untrennbar zusammen.

Ein Lied floss aus der Feder, das die Herzen der Welt erobern sollte. Zunächst war es die Rettung der Christmette von Oberndorf. Zwei Solostimmen und Chor mit Gitarrenbegleitung trugen zum ersten Mal das Lied vor. Seitdem gehört es zum festen Bestandteil des weltweiten Weihnachtsfestes: "Stille Nacht, heilige Nacht".

Nach dem Gottesdienst sagte Grubers Frau Elise zu ihrem Mann, dem Komponisten: "Du, Franzl, das Lied wird man noch singen, wenn wir zwei längst gestorben sind". 1833 trugen es die Zillertaler Geschwister Strasser in Leipzig vor. Fünf Jahre später stand es bereits im dortigen Kirchengesangbuch. Es dauerte nicht mehr lange, da war es weltweites Allgemeingut.

Für manchen ist es zum Un-Lied geworden. Eine schmalzige Schnulze ohne Aussage sei es, verurteilt man ahnungslos in pseudo-elitärem Gehabe. Wirklich? Ist es nicht vielmehr ein Ausdruck realistischer Zärtlichkeit, wenn das Kind Jesus so betrachtet und beschützt wird, wie wir es mit einem Neugeborenen auch tun?! Wie überwältigend und geradezu rührend kann die Ausstrahlung sein, die von einem Baby ausgeht! Um so klarer dann die Botschaft dieses Kindes: "Christ der Retter, ist da!". Um so unfassbarer seine Bedeutung: "Da uns schlägt die rettende Stund', Christ, in deiner Geburt".

von Peter Hahne






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